Auf dem letzten Polizei-Spätsommernachtsball dieses Jahres unter dem knackigen Motto „Polizei – immer dabei!“ gelang es uns, Herrn Ratz E. Fatz zu einem kleinen Interview am Rande des Trubels zu überreden.

Herr Fatz (von seinen Freunden in der Redaktion aber meist nur „Ratze“ genannt) schreibt ja seit nunmehr 52 Jahren die Lokalkolumne im 3 1/2 wöchentlich bundesweit erscheinenden „Almanach für Miliz, Bürger- und Feuerwehr in ländlichen Gebieten “ (Taschenausgabe, A7, Ledereinband, ca. 600-800 Seiten je nach Jahreszeit) für die Ortsausgabe Empfingen, die jedoch auch in den umliegenden Gehöften und Ansiedlungen gern gelesen wird.

Reporter: „Herr Fatz, …“
Fatz: „Ach, sagen Sie doch Ratze zu mir…“

Reporter: „Gut, also Herr Fatz… *ahem* Ratze, worauf führen Sie Ihre Popularität hier auf dem diesjährigen Ball zurück?“
Fatz: „Nun – man konnte wohl nicht noch länger umhin, meine Verdienste als Journalist zu würdingen!“

Reporter: „Oh. Ja.“
Fatz: „Ich meine – 52 Jahre! Das muss man mir erst mal nachmachen!“

Reporter: „Äh. Ja.“
Fatz: „Sehen Sie – es sieht vielleicht ganz einfach aus, aber schreiben Sie mal 52 Jahre lang alle 3 1/2 Wochen einen interessanten, den Leser aufrüttelnden Artikel! Und dann diese unsinnige Beschränkung auf maximal 200 Worte und höchstens 75 Satzzeichen!“

Reporter: „Natürlich, das ist…“
Fatz: „Wir sind ja schliesslich nicht so wie diese maulfaulen Städter, die sich morgens nur „Hi“ zurufen oder quasi nur andeutungsweise nicken – wenn man sich bei uns trifft, dann wird der Trecker noch ausgestellt und man schüttelt sich die Hände – so ist das!“

Reporter: „Sicher, Herr Fatz… ähh Ratze, das ist sicher sehr bedeutsam in …ähh… Empfingen *hust* aber…“
Fatz: „Jaja – ich weiss schon, Sie wollen bestimmt wieder nur über mein Interview mit dem Chinesen reden, was?“

Reporter: „Wie? Welcher Chinese?“
Fatz: „Na Herrn Chen, …“

Reporter: *überrascht* „Ach – der ist tatsächlich aus China? Und ich dachte…“
Fatz: „Neneee – *hähä* nix mit Zeitungsente oder so – das macht Ratze nicht! Ganz original ist der sage ich Ihnen!“

Reporter: *holt den letzten Almanach heraus* „Also … Ratze – lassen Sie uns doch nochmal kurz in den Artikel reinlesen:
*blättert…* „Ah hier: …

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FLATRATE FÜR TEMPOSÜNDER – Durchbruch oder Humbug? (Autor: Ratz. E. Fatz)
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Jetzt wird aufgeräumt! Jawoll! So oder so ähnlich müssen wohl K.Noel und L.Chen gedacht haben, als sie nach beendeter Schicht noch im Wirtshaus zu einem Weißbier und ein paar Reiscrackern einkehrten. Die dritte Woche hatten die beiden nun schon Doppelschichten (also 2×4 Stunden täglich) geschoben und im umgebauten Polizei-Traktor an verschiedenen stark befahrenen Verkehrsknotenpunkten nach Temposündern Ausschau gehalten. Schließlich sollte sich die 1,8 Mio EUR Investition für das „vollautomatische satellitengestütze Hochpräzisionsmeßgerät für sich schnell bewegende am Straßenverkehr teilnehmende Objekte“ (im Volksmund lapidar als „Blitzer“ bezeichnet) ja auch lohnen. Der ehemals grau-rote Lanz-Bulldog (Baujahr unbekannt) hatte extra eine neue radarabweisende grün-weiße Sonderlackierung bekommen und war vom ehemaligen Oldtimer-Ralley-Teilnehmer Georg „Schorschi“ Gündelshagen (49. Platz in der Sonderwertung der mehr als 10 mal liegengebliebenen im Jahre 1932) um 2,9mm tiefergelegt worden, um bei einer eventuellen Verfolgungsjagd mühelos auch dem fahrunerfahrenen Polizeibeamten genügend Leistungsreserven bereitstellen zu können. Ergebnis nach fast drei Wochen Schufterei: 2 x 150,- EUR Verwarngeld und jeweils 3 Punkte für zwei Hasen, die auf einem für 5km/h zugelassenen Forstweg ohne Sondergenehmigung und ohne die Schranke zum angrenzenden Treckerweg zu öffnen, mit 36(!) km/h erwischt wurden – und das auch noch mitten in der Nacht. Mildernde Umstände mußten sehr zum Verdruß von K.Noel und L.Chen leider anerkannt werden, da die Hasen glaubhaft versichern konnten, vor dem Wachhund der beiden Beamten geflüchtet zu sein – was das Blitzfoto auch zweifelsfrei belegte. „Und sonst nicht! Als hätten sich alle verabredet!“ poltert Karl Noel bitter heraus. Li Chen nickt dazu nur leicht bestätigend mit dem Kopf ohne sein permanentes Lächeln zu unterbrechen und bietet seinem Kollegen mitfühlend einen Reiscracker an. „Aber jetzt wird alles anders! Jawoll.“ erklärt K. Noel triumpfierend. Und L.Chen setzt zu einer kurzen und präzisen Erläuterung an.

„Sehen sie – laut bundesdeutschem Durchschnitt hätten uns mindestens 2 Trecker, 1 Fahrrad oder Moped sowie 3 oder mehr Betrunkene in’s Netz gehen müssen. Dazu mit etwas Glück noch ein oder zwei Raser auf der Autobahn…“ (bei dieser Vorstellung gerät der sonst so ruhige Asiate förmlich aus dem Häuschen und erhebt nicht nur die Stimme, sondern gestikuliert sogar kurz mit der linken Hand… hat sich aber schnell wieder im Griff nach einem überraschten Blick seines Kollegen K.Noel) „… und alles wäre gut. Aber so… nichts!“

Sein Kollege K.Noel ergreift das Wort: „Aber dieser vorsätzlichen Verweigerung schieben wir jetzt ein Riegel vor! Jawoll! Was die Telefonfritzen können, das können wir schon lange, ja-haa!“ Und mit diesen Worten fischt er ein dreimal gefaltetes Exemplar des unlängst in’s Gerede gekommenen grün-weißen Flyers hervor und zerquetscht mit seinem Zeigefinger gute 6 Zeilen der in 5pt Arial Narrow gedruckten „Special Price“ Liste für den Nachttarif. „Da – sehen Sie! Bei diesen Preisen kann man einfach nicht nein sagen!“

L.Chen fügt hinzu: „Sehen Sie doch selbst – zum Beispiel der „after work 3/9 2/19“ Tarif: 3 Geschwindigkeitsüberschreitungen bis 9 km/h und 2 Geschwindigkeitsüberschreitungen bis 19 km/h im Monat inklusive in der Zeit vom Dunkelwerden bis zum Eintreffen des Fahrers im jeweils nächstgelegenen Biergarten oder Wirtshaus. Und das für unschlagbare 119,- EUR im Monat bei Teilnahme am Bankeinzugsverfahren und einer Mindestlaufzeit von 6 Monaten. Und das Wechseln in einen höheren Tarif ist auch noch kostenlos! Oder hier: „Weekend Family Fun 3×3“ – samstags und sonntags tagsüber für jedes Familenmitglied einer dreiköpfigen Famile jeweils eine Geschwindigkeitsüberschreitung bis 15 km/h in geschlossenen Ortschaften ODER eine positive Alkoholkontrolle bis 1,2 Promille für 89,99 EUR monatlich inklusive! Und für nur 29.99 EUR Aufpreis je Vorfall können die Familienmitglieder untereinander noch „freie“ Geschwindigkeitsüberschreitungen umschreiben!“

K.Noel: „Und das ist noch nicht alles – sehen Sie, wir haben da ja noch die ganzen Merchandising-Produkte: Basecaps in grün-weiss, T-Shirts, Flaggen für den Vorgarten bis 7qm Größe, Teilnahme an der 2-jährlich veranstalteten Benefiz-Lotterie „schnellster Empfinger“ zu einem Sonderrabattspreis von 76,50 EUR statt den üblichen 84,90 EUR – und das bei voller Gewinnchance!“

L.Chen: „Nicht zu vergessen das Bonusheft, in dem die schon in Anspruch genommenen Vorgänge und die noch freien übersichtlich durch Selbstklebesticker mit hübschen Motiven aus dem Blitzeralltag verwaltet werden können. Noch in Arbeit ist das Webportal „www.Empfingen.Speed.polizei.de/wir-machen-mit.asap“, das übersichtliche Statistiken, die Blitzerfotos zum Download (für Flatrate-Nutzer zum halben Preis) und natürlich eine User-Community mit Forum- und Chatfunktion (inkl. SMS-Chat) anbieten wird.“

K.Noel: „Sie werden sehen – in spätestens zwei Jahren muss die deutschlandweite Statistik der Temposünder korrigiert werden… dank unserer Initiative!“

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Fatz: „Jaja – nun ist ja gut – ich kenne den Artikel ja…“

Reporter: „Ja.. Natürlich. Verzeihung. Was ist denn nun Ihre Meinung Herr Fatz, wird sich das bewähren?“
Fatz: „Nun – das Empfinger Postamt mußte in den vergangenen 14 Tagen seine Öffnungszeiten drastisch erhöhen und hat jetzt zusätzlich jeweils am zweiten Samstag eines Monats von 10:30 Uhr bis 11:00 Uhr geöffnet – sonst wären wir dem Ansturm nicht Herr geworden…“

Reporter: „Oha … na da bleibt uns nur ein fröhliches „Gut Blitz“ zu wünschen und..“
Fatz: „Na nun werden’se mal nicht übertrieben lustig, ja?“

Reporter: „Ich wollte doch nur…“
Fatz: *ruft* „Oberblitzmeister Noel! Ich werde hier von der Presse belästigt!! Oberwa…“

*Reporter tritt panisch den Rückzug an*